Einfach mal Danke sagen

25 Jahre SV Welbsleben, was ne geile Zeit

Nach 25 Jahren mit Herz und Seele bei der „BSG Motor WEMA Aschersleben“ (später SV Arminia und zuletzt 1. FC) sollte eine Veränderung her. Ich hing sehr an dem Verein, habe ich es doch von meinem Vater in die Wiege gelegt bekommen. Und mit seinen drohenden Worten: “Solltest du jemals zu den „Lokjacken“ wechseln, rede ich kein Wort mehr mit dir.“, hielt er selbst nach seinem frühen Tod, mich doch lange davon ab, den Verein überhaupt zu wechseln. Egal in welche Richtung. Doch im Frühjahr 1998 sollte sich das ändern. Die ehrenamtliche Arbeit als Trainer, welche ich nach einer schweren Verletzung 1990 aufgenommen hatte, gestaltete sich immer schwieriger und das Vereinsleben nahm keine schönen Formen an. Viele meiner damaligen Spieler wollten dem Verein schon lange den Rücken kehren und blieben nur meinetwegen. Bis zu diesem besagten Frühjahr.

Eine Radpartie mit Stefan, meinem jetzigen Schwiegervater, nach Welbsleben zum Kreisligaspiel des dort ansässigen SV, stellte die Weichen neu. Hier traf ich auf Helmut Arnold, den ich von den Treffen und den Turniertagen des traditionellen „Einetal-Pokal-Turnier“ her kannte. Wir kamen ins Gespräch und ich erzählte ihm von meinen Absichten den Verein eventuell zu wechseln. Dies machte ihn hellhörig und er bot mir das Amt des Trainers der 1. Mannschaft an.

Da war es nun, das erste Angebot. Um dem Nachdruck zu geben, machten wir uns für das nächste Heimspiel einen weiteren Termin. Hier sollte dann ein ehemaliger Mitspieler aus meiner Juniorenzeit bei Motor auftauchen und dem Ganzen auf die Sprünge zu helfen. Reyno Kersten – schön, dass du dich damals mit dafür eingesetzt hast – Danke!

Der Vertrag wurde gemacht und ich musste beim Präsi Lothar Kühne vorstellig werden. Einem sehr konstruktiven Gespräch, folgte der Handschlag und die Unterschrift. Nun war ich offiziell der Trainer der ersten Herrenmannschaft des SV Welbsleben.

Da ich damals auch noch auf Arbeitssuche war, wurde mir hier ebenso schnell geholfen. Ich besetzte eine „ABM – Stelle als Kinder – und Jugendbetreuer“ welche ich am Ende vier Jahre lang auf dem Sportplatz ausübte – der Himmel auf Erden quasi!

Bei meiner Vorstellung während einer Vorstandsitzung ging es natürlich um Visionen, Ziele, Ideen zur Umsetzung für eine erfolgreiche Arbeit im und um den Sportverein. Und die hatte ich. In spätestens fünf Jahren sollte der Aufstieg in die Landesklasse gelingen. Doch dies kam nicht von Ungefähr. Ich hatte mir schon längst ein Bild von der Vereinsarbeit gemacht und diese war topp. Die Junioren wurden in dieser Saison Kreismeister und wechselten fast komplett in den Männerbereich. Tolle Jungs – hatten ja auch mit Hermann Becker einen großartigen Trainer. Dazu waren alle Altersklassen im Nachwuchs besetzt und eine Personaldecke von fast 40 Spielern im Männerbereich sollten für eine gute Voraussetzung sorgen, um die Ziele zu erreichen.

Aus Aschersleben brachte ich anfangs nur einen Spieler mit – Olaf Halupka. Als wir beide zum ersten Training auf dem Platz standen, mussten wir dreimal zählen, um es zu schnallen, wie viel Trainingsinteressierte auf dem Platz standen. Es waren weit über 20. Das hatten wir in Aschersleben so noch nie erlebt. Und sie hatten gefühlt alle einen sonderlichen Spitznamen. So lernte ich Jule, Magda, Görfi, Scanner, Kalle, Helje, Knickei, Mella, Schatzi, Ernie und Co. kennen und schätzen. Neu für mich war auch ein für jedes Jahr festeingeplantes Trainingslager. Damals ging es noch nach Güntersberge. Nie vergessen werde ich, als Thomas Necke bei der Ankunft vor dem Bettenhaus ein Fass Bier auslud. Kalle und Scanner eine Bong vor mir verstecken wollten und bei meinem Trainingskommando „Alle aufn Bauch!“ sich alle auf Sven Trempler stürzten, dessen Spitzname „Bauch“ war. Unser jetziger Abteilungsleiter und das eigentliche Mastermind des Vereins Falko Rockmann bekam in diesem Trainingslager dann auch seinen Spitznamen weg – Äppel(bom), in Anlehnung seines Lieblingsspielers vom 1. FC Lok Leipzig Frank Baum.

In den nächsten Jahren kamen weitere coole Typen dazu. Natürlich hatten auch sie ihren höchst eigenen Spitznamen. So zum Beispiel Long, Banane, Hotzel, G., Schniepe, Technik – Ed, Öle, Schuster, und Börge. Herrlich!

Ich war mittlerweile angekommen. Und es stellte sich nicht nur heraus, dass es immer mehr zu meiner zweiten Familie wurde. Es stellte sich sogar Erfolg ein. Im dritten Jahr Vizemeister und Pokalfinalist und im vierten dann der Kreismeistertitel, inklusive Aufstieg in die Landesklasse. Und dies ungeschlagen. Man war das ein Ereignis. Da wir den Titel schon einige Spieltage vorab in der Tasche hatten, wurde gefühlt jede Woche gefeiert. Da gab es noch Location wie „Zur Neustadt“, „Forelle“ und das „Vereinsheim der Gartenfreunde Am Anger“. Natürlich ließen wir es auch bei uns auf dem Sportplatz bei Heidi krachen, bis es zu guter Letzt die Aufstiegsfeierlichkeiten in der „Einetalhalle“ mit einem Sportlerball ihren Höhepunkt fanden.

Höhepunkte setzten wir uns aber auch so immer wieder. Jährlich gab es das Sportfest mit Turnieren in allen Altersklassen. Ein Kleinfeldturnier für Hobbymannschaften wurde ins Leben gerufen und einige Jahre erfolgreich abgehalten. Erfolgreich auch deshalb, weil dadurch einige gute Spieler den Weg zu uns gefunden haben. Auch wurde die sportlichste Familie gesucht und gefunden. Es waren wunderschöne Wochenenden – so ganz in Familie halt.

Wenn man sportlich nach oben steigt, müssen natürlich auch Veränderungen her. Und da gibt es ja in Deutschland immer so einiges an Auflagen zu beachten. Diese wurde alle gemeinsam gestemmt und wir waren auf unsere erste Landesklassensaison gut vorbereitet. Auch trainingstechnisch. Denn in diesem Sommer ging es dann zum ersten Mal in die Landessportschule nach Osterburg. Ein Traum für jeden trainingswilligen und sportbegeisterten Menschen. Und da es uns so unglaublich gut gefallen hatte, wurde die LSS jedes „verdammte“ Jahr unser Trainingslagerziel. An dieser Stelle auch ein riesiges Dankeschön an das Team der LSS aber vor allem an Yvonne Klaus, die uns mittlerweile jeden Wunsch von den Lippen abliest. Über unsere Aufenthalte in Osterburg und den damit verbundenen Erlebnissen, ob sportlich, freizeitgestalterisch, feierbist – technisch oder zwischenmenschlich, könnte ich – wenn ich die ganzen Geschichten erzählen dürfte – ein Buch schreiben.

Vier Jahre haben wir die Klasse halten können. In der ersten Saison standen wir sogar kurz vor einem Durchmarsch. Dann ging es für eine Saison wieder in die Kreisliga, bevor es wieder ungeschlagen in die Landesklasse hoch ging. Titel Nummer Zwei. Auch im Pokal hatten wir Erfolg, wenn auch nicht den ganz großen. So standen wir immerhin dreimal im Finale, mussten uns aber immer knapp geschlagen geben. Gefeiert wurde trotzdem!!!

Dem zweiten Aufstieg folgte dann aber prompt der zweite Abstieg. Einige Leistungsträger hatten uns verlassen und der Umbruch war zu groß, um die Abgänge kompensieren zu können. So wurden wir Gründungsmitglied der neu erschaffenen Kreisoberliga.

Das Schöne am SV Welbsleben war und ist der Zusammenhalt und das coole Miteinander. Ab 2004 organisierten wir jedes Jahr eine Vereinsbusfahrt. Alter Falter was haben wir da alles erlebt. Auch hier wäre durchaus ein literarisches Nachschlagewerk lesenswert und hätte bestimmt das Zeug zum Bestseller. Und wo wir überall waren. Österreich – mit unserem ersten internationalen Auftritt gegen den SK Zell am Ziller (1:1) – Vierschanzentournee Bischofshofen und Hahnenkammrennen Kitzbühel; Biathlon in Oberhof; Bundesligaspiel der Bayern; Eishockey in Düsseldorf; Tour de France Auftakt in Düsseldorf und die legendäre Fährfahrt auf die Insel nach Newcastle mit dem Besuch des Premier League – Spiels FC Sunderland vs FC Southampton. Aber es ging nicht nur zu Sportevents. Nein, auch Kultur stand auf dem Programm. So ging es auf Schloss Neu Schwanstein, nach Paris und Amsterdam.

Man was waren das für Highlights. Eigentlich ging es ja nur ums Busfahren – um es mal mit den Worten von Marco „Hotzel“ Weber zu beschreiben. Party on Tour, quasi!

Aber es gab in dieser Zeit auch weniger schöne Ereignisse und wir mussten uns von einigen großartigen Menschen verabschieden. Aber auch solche Schicksalsschläge schweißten uns noch mehr zusammen und es wurde einem immer bewusster, welch einen hohen Stellenwert doch ein funktionierendes Vereinsleben hat.

Meine letzten Jahre als Trainer – zwölf Jahre in der Kreisoberliga Mansfeld Südharz – verliefen dann eher in ruhigen Gewässern. Spieler gingen, Spieler kamen. Doch der demographische Umbruch an sich, brachte für mich einige Probleme mit sich. Und so beschäftigte ich mich so langsam mit einem Abschied von der Seitenlinie. In unendlichen Gesprächen mit meinem Co – Trainer Sven „Appelmus“ Plamitzer (wieder solch ein geiler Spitzname) – ging es um einen Nachfolger, der das Amt genauso verinnerlichen und leben würde, wie ich es tat. „Den finde mal.“

In Marco „Hotzel“ Weber haben wir ihn schließlich gefunden. Und ich konnte ruhigen Gewissens in den „Ruhestand“ gehen. Mit Hotzel verbindet mich eine langjährige, nicht nur sportliche Freundschaft und ich freute mich riesig als er mein Amt übernahm. Dies war zu einer Zeit, die für alle sehr schwierig wahr. Zum einen waren wir abgestiegen, ich fiel längere Zeit wegen Krankheit aus und Corona machte das Ganze auch nicht leichter. Respekt mein Freund, Danke und ich wünsche dir weiterhin maximale Kampferfolge. Den Wiederaufstieg hast du ja schon geschafft!

Doch ganz ohne Ehrenamt und Vereinsarbeit ging es und geht es halt nicht. Ich betrieb weiterhin die Öffentlichkeitsarbeit, kümmerte mich um unsere Sponsoren und um die sportliche Leitung (zusammen mit „Äppel“).

Dann hatte ich wohl so etwas wie einen kleinen Fehltritt. Naja, „ …, ich war jung und brauchte das Geld.“ würde vielleicht als Entschuldigung gelten. Das war es aber nicht. Eine neue Herausforderung in Kombination mit einem neuen Job, den ich damals gesucht habe, trifft es eher. Also heuerte ich bei den Edelweißen in Arnstedt als sportlicher Leiter an. Das schlug dann mal ein wie ne Bombe. Einige Welbsleber waren not amused. Den Rücken kehrte ich dem Verein aber deshalb nicht und stellte meine Unterstützung weiterhin zur Verfügung. Das Intermezzo hielt dann auch nur fünf Wochen und ich stand dem SVW wieder voll und ganz zur Seite. Zu dieser Zeit arbeiteten wir schon ganz eng mit unserem früheren Rivalen aus Quenstedt zusammen. Ich lernte viele neue fußballaffine Verrückte kennen, die den Sport genau so lieben wie ich. Die Zusammenarbeit funktioniert prächtig, was für manch Alteingessenen völlig unverständlich und nicht nachvollziehbar ist. Gestern noch „Hass – Derby“, heute gemeinsame Feierlichkeiten und Events.

Apropos Events. Die gab es in den letzten Jahren aber auch weiterhin auf dem Sportplatz in Welbsleben. So wurden die Traditionsmannschaften des 1. FC Magdeburg und vom 1. FC Union Berlin eingeladen. Zuletzt spielte die Meistermannschaft von 2002 gegen eine Bundesligaauswahl mit Steffen Karl, Dariusz Wosz, Michel Dinzey und Jörg Heinrich. Mit Bernd Heinemann konnte man einen der bekanntesten deutschen Schiedsrichter begrüßen. Also großer Fußball auf dem kleinen Dorf.

Groß war auch die Geste, mich auf den Präsidentenposten setzen zu wollen. Dies hat mich geehrt und ich nahm das Amt gern an. Denn der Verein ist mir sehr ans Herz gewachsen. Die Arbeit mit dem gewählten Vorstand um Danielle (hat sie eigentlich einen Spitznamen?), Äppel, Hotzel, Schatzi, Tomosch, Fritze, G. und Speiche 1 macht sehr viel Spaß und ist schon sehr professionell.

Das ist meine Welt. Und dies konnte ich nur erleben, weil ich wahrscheinlich zur richtigen Zeit am richtigen Ort war und mit den richtigen Leuten zusammenkam.

Deshalb möchte ich mich mit diesem kleinen Abriss der letzten 25 Jahren herzlich bei allen bedanken die mich auf meinem Weg begleitet und unterstützt haben. Ohne euch hätte ich dies alles nicht erleben können. Ein paar Namen habe ich ja schon im Text genannt. Diese sollen dann auch für alle anderen stehen, die es verdient hätten genannt zu werden. Doch dann könnte ich ein weiteres Buch schreiben.

Nur eine Person möchte ich noch nennen. Das ist meine Frau Steffi „Ratze“ (die Spitznamen begleiten mich halt bis zum Ende). Ohne ihr Verständnis, ihre Toleranz und Unterstützung hätte ich dies alles nicht bewerkstelligen und erleben können. Danke mein Schatz!

Danke SV Welbsleben mit all deinen fußballverrückten, liebevollen Menschen!!!